Dr. Michael Schneider - Dr. Sabine Maier - Siegfried Markl RechtsAnwälte - FachAnwälte

Arbeitrecht

 

Einschaltung  eines Anwalts muss Arbeitgeber hinnehmen              

              

Eigentlich  sollte es im Arbeitsverhältnis selbstverständlich sein, erst miteinander zu reden, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden. Trotzdem ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Beschäftigten legitim, eine darauf  gestützte Kündigung ist nicht zulässig.              

              

Der Fall: Kündigung trotz  Probezeit unwirksam             

Eine  neu eingestellte Arbeitnehmerin hatte sich bei ihrem Einstellungsgespräch zusichern lassen, dass sie einen bereits gebuchten dreiwöchigen Familienurlaub nehmen könne. Der Urlaub wurde zunächst auch eingetragen, später wurde ihr allerdings erklärt, dass der Urlaub doch nicht genehmigt würde. Als die Arbeitnehmerin den Urlaub durch ein Rechtsanwaltsschreiben einforderte, erhielt sie die Kündigung. Im Gerichtsverfahren erklärte der Arbeitgeber, die Kündigung sei erfolgt, da das Einschalten eines Rechtsanwalts gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine irritierende Vorgehensweise und keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei. Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam. Die Beiziehung eines Anwalts sei angemessen gewesen, zumal wegen des unmittelbar bevorstehenden Urlaubs ein gewisser Handlungsdruck bestanden habe. Die Kündigung sei eine Sanktion dafür, dass die Arbeitnehmerin in zulässiger Weise ihre Rechte wahrgenommen habe und verstoße daher gegen das gesetzliche  Maßregelungsverbot (ArbG Dortmund, Urteil vom 12.02.2014, Az.: 9 Ca  5518/13).              

              

Maßregelungsverbot  gilt immer               

Nach dem Gesetz darf ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deswegen benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt, sog. Maßregelungsverbot.               

              

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EuGH: Provisionen erhöhen Urlaubsentgelt

              

Die Zahlung von Provisionen soll Mitarbeitern einen Anreiz zu erhöhter Leistung  bieten. Dieser Leistungsanreiz soll aber nicht dazu führen, dass der  Erholungsurlaub aus finanziellen Gründen nicht genommen wird.

              

Der Fall: EuGH  war arbeitnehmerfreundlich
   
 Ein  Verkaufsberater einer englischen Firma erhielt ein Grundgehalt sowie  Provisionen für getätigte Verkäufe. Wenn der Verkaufsberater seinen  Jahresurlaub nahm, hatte er in den dem Urlaub folgenden Monaten eine geringere  Vergütung, da er im Urlaub keine Geschäftsabschlüsse tätigen konnte. Er klagte  daher auf Zahlung eines höheren Urlaubsentgelts. Er bekam vor dem Europäischen  Gerichtshof Recht. Zwar erhalte der Verkaufsberater während seines Urlaubs noch die Provisionszahlungen für die Geschäftsabschlüsse vor seinem Urlaub, nach dem Urlaub habe er aber einen Provisionsausfall, der finanzielle Nachteil sei somit nach hinten verschoben. Da ein solcher Nachteil Arbeitnehmer davon abhalten  könnte, ihr Recht auf Jahresurlaub geltend zu machen, sei die Handhabung nicht mit den Zielen der EU-Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung vereinbar, die einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen vorsehe. Es sei Sache der jeweiligen nationalen Gerichte zu beurteilen, nach welchen Berechnungsmethoden dieses Ziel erreicht werde. Ein Mittelwert eines repräsentativ geltenden Referenzzeitraums könne sachgerecht sein (EuGH, Urteil vom 22. Mai 2014, Az.  C-539/12).

              

Urteil gilt auch für Deutschland

Auch  wenn es in dem genannten Fall um ein britisches Unternehmen und britische Gesetze ging, entfaltet das Urteil auch in Deutschland Wirkung. Die deutschen Gerichte werden zukünftig bei Rechtsstreitigkeiten über Urlaubsvergütung überprüfen müssen, ob die in Deutschland geltenden Regelungen mit der  EU-Richtlinie vereinbar sind.

              

So wird bei uns gerechnet

Als  Urlaubsentgelt ist das Fixum und der Provisionsdurchschnitt der letzten abgerechneten 13 Wochen vor Urlaubsantritt zu zahlen. Die Provisionen, die während des Urlaubs fällig werden und abzurechnen sind, dürfen hierauf nicht angerechnet werden. Diese Handhabung könnte als europarechtskonform geltend, die ersten Urteile deutscher Gerichte sind allerdings abzuwarten.

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Lohnfortzahlung nach einer Sportverletzung des Arbeitnehmers

              

Viele Menschen betreiben in ihrer Freizeit Sport. Fußball spielen, Tennis, Ski fahren oder Schwimmen sind Lieblingssportarten der Deutschen. Aber auch Bungee-Jumping, Canyoning oder Paragliding erfreuen sich in unserer Freizeit- und Spassgesellschaft immer größerer Beliebtheit.

              

Wie sieht eigentlich die Rechtslage aus, wenn sich ein AN in der Freizeit verletzt und für Wochen arbeitsunfähig ist? Kann der AG etwa einwenden, er brauche keine Lohnfortzahlung leisten, weil sich der AN beim Sport verletzt hat.

              

Hierzu möchte ich Ihnen nachfolgend einige Informationen geben:

              

Kann ein AN wegen Krankheit seine Arbeit nicht leisten, hat der Arbeitgeber grundsätzlich sein Arbeitsentgelt bis zu sechs Wochen fortzuzahlen. Hat allerdings der AN seine Arbeitsunfähigkeit schuldhaft herbei geführt, entfällt die Zahlungspflicht des AG. Unter "schuldhaft" versteht der Gesetzgeber ein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten.                  

Es stellt sich also die Frage, ob der AG, z.B. nach einem Sportunfall eines Extremsportlers Entgeltfortzahlung leisten muß.

              

Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet bei Sportunfällen danach, ob es sich um eine gefährliche oder nicht gefährliche Sportart handelt. Bei einer gefährlichen Sportart ist der AG nicht verpflichtet, den Lohn fort zu zahlen, falls eine Verletzung eintritt. Bislang wurden allerdings nur Kickboxen und Bungee-Springen als gefährliche Sportarten eingeordnet.             Selbst Motorradrennen, Drachenfliegen, Boxen oder Ähnliches gelten als ungefährliche Sportarten. Deshalb kann also einem Mitarbeiter, nur weil er eine Extremsportart ausübt, nicht die Entgeltfortzahlung gestrichen oder gekürzt werden, besonders nicht bei erfahrenen oder geübten Sportlern.

              

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil entschieden, dass die Entgeltfortzahlung auch dann gekürzt werden kann, wenn sich ein AN grob fahrlässig verhalten hat und ihm nachgewiesen werden kann, dass er seine persönlichen Fähigkeiten überschätzt und sich dem Verletzungsrisiko besonders leichtfertig ausgesetzt hat. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn sich ein Schwimmanfänger weit in ein unbekanntes Gewässer hinaus              wagt, ein Skianfänger eine sogenannte "schwarze Abfahrt" befährt oder Ausrüstung und Sportanlage in einem schlechten Zustand sind.

              

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der AN in der Regel ohne Sorgen Sport betreiben kann, ohne befürchten zu müssen, bei einem Unfall keine Lohnfortzahlung                zu erhalten. Nur in Ausnahmefällen kann die Lohnfortzahlung gestrichen werden.

              

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Verkehrsunfall mit dem Firmenwagen

              

Viele Arbeitnehmer (AN) nutzen ein Firmenfahrzeug für private und betriebliche                Fahrten. Wer haftet eigentlich, wenn ein Arbeitnehmer mit dem Firmenwagen einen Unfall selbst verschuldet, so dass die Haftpflicht- versicherung des Unfallgegners keinen Schadenersatz zu leisten hat?

              

Es sind folgende Grundsätze zu beachten:

              

Benutzt der AN das Firmenfahrzeug privat, dann trägt er das Unfallrisiko in vollem Umfang, es sei denn, im Arbeitsvertrag wurde eine andere Haftung vereinbart. Es handelt sich nur dann um eine Dienstfahrt, wenn diese innerhalb der im Arbeitsvertrag festgelegten Aufgaben erfolgt. Nicht erforderlich ist, dass jede einzelne Fahrt extra angeordnet wird. Auch eine mit Billigung des Arbeitgebers durchgeführte Fahrt ist eine Dienstfahrt. Privatfahrten und vor allem Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz fallen nicht darunter.

              

Grundsätzlich ist nach den strengen Vorschriften des BGB derjenige zum Schadenersatz        verpflichtet, der einem anderen schuldhaft einen Schaden zufügt. Im Arbeitsrecht gilt aber eine Milderung der Haftung des Arbeitnehmers für Schäden, die er dem Arbeitgeber zugefügt hat. Für diese Haftungsmilderung gelten folgende Grundsätze:

              

- Der Arbeitnehmer haftet nicht für leichteste Fahrlässigkeit, z.B. für den Schaden an der Autotür durch unvorsichtiges Öffnen

              

- Wurde der Schaden mit mittlerer Fahrlässigkeit verursacht, dann ist er zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuteilen. Mittlere Fahrlässigkeit liegt z.B. bei einer normalen Vorfahrtsverletzung oder einem Auffahrunfall vor. Die Haftung des Arbeitnehmers beschränkt sich dann in der Regel auf die Höhe der Selbstbeteiligung einer Vollkaskoversicherung

              

- Der AN haftet für den Schaden im vollen Umfang, wenn er den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wurde. Das ist z.B. bei Fahrten mit über 1,1   %o oder ohne Führerschein, bei rücksichtslosem Überholen oder wenn mit dem Handy telefoniert und dabei Arbeitsunterlagen eingesehen werden. Trotz grober Fahrlässigkeit kann die Haftung des AN dann begrenzt werden, wenn ein deutliches Missverhältnis zwischen seinem Verdienst und der Höhe des Schadens vorliegt. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Existenz des AN bedroht ist, würde er den gesamten Schaden ersetzen                müssen. Vor diesem Hintergrund haben die Gerichte die Haftungssummen begrenzt. Bei grober Fahrlässigkeit ist die Haftung in der Regel auf 3 Monatsgehälter begrenzt.

              

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Freistellung von Führungskräften ist  möglich

              

Eine  Freistellung von der Arbeit wird vom Arbeitnehmer häufig als ehrenrührig  empfunden. Hinzu kommt, dass durch eine Suspendierung nicht selten Fakten  geschaffen werden, die später nicht mehr zu ändern sind. Aus diesem Grund haben  sich auch Gerichte mit diesem Thema zu beschäftigen.

              

Der Fall:

              

Aufklärung ist  erforderlich

              

Die  Klinikleitung eines renommierten Krankenhauses stellte ihren kaufmännischen  Leiter vor dem Hintergrund nicht verwendeter Drittmittel und deren Verwaltung  von der Arbeit frei. Als Grund gab sie an, sie habe derzeit kein Vertrauen zu  dem kaufmännischen Leiter; seine Beschäftigung stehe der umfassenden und  objektiven Aufklärung des Sachverhalts entgegen. Der kaufmännische Leiter hielt  seine Freistellung für eine unberechtigte Vorverurteilung und verklagte den  Arbeitgeber auf tatsächliche Beschäftigung. Das Arbeitsgericht hat die Klage  abgewiesen. Das Krankenhaus müsse den kaufmännischen Leiter bei einer Abwägung  der beiderseitigen Interessen nicht beschäftigen. In seinem Geschäftsbereich  sei es zu einer intransparenten Geschäftsführung gekommen, was vom Arbeitgeber  aufgeklärt werden dürfe. Dies sei bei einer tatsächlichen Beschäftigung des  kaufmännischen Leiters nicht möglich (ArbG Berlin, Urteil vom 14.05.2014, Az.  21 Ca 4958).

              

Beschäftige  haben Recht auf Arbeit

Spiegelbildlich  zur Verpflichtung zur Arbeitsleistung gibt der Arbeitsvertrag dem Arbeitnehmer  auch das Recht auf Beschäftigung. Eine einseitige Freistellung durch den  Arbeitgeber ist daher nur zulässig, wenn hierfür ein sachlicher Grund vorhanden  ist. Bei Führungspersonal ist allerdings in der Regel davon auszugehen, dass  diese eine besondere Vertrauensposition innehaben, sodass die schutzwürdigen  Interessen des Arbeitgebers an einer Freistellung ein besonderes schweres  Gewicht haben.

 

              

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Steuerhinterziehung rechtfertigt  Rauswurf

              

Gerade  bei langjährig beschäftigten Mitarbeitern hat es der Arbeitgeber mit der  Begründung einer Kündigung schwer. Doch es gibt Fälle, in denen die Gerichte  Fehlverhalten des Arbeitnehmers nicht entschuldigen.

              

Der Fall

Gericht kennt  keine Gnade

              

Eine  seit vielen Jahren beschäftigte Arbeitnehmerin war in einem großen,  überregional operierenden Reinigungsunternehmen als Reinigungskraft,  Vorarbeiterin und Objektleiterin beschäftigt. In mindestens einem  Reinigungsobjekt hatte sie dafür gesorgt, dass ihre Tätigkeit über zwei andere  Mitarbeiterinnen im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung abgerechnet wurde,  die ihr das Geld dann auszahlten. Als die auswärtige Geschäftsleitung dies  erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Die Mitarbeiterin erhob  Kündigungsschutzklage, da der Betriebsleiter vor Ort ihr die Abrechnungspraxis  selbst vorgeschlagen und sie seit vielen Jahren im Betrieb angewendet habe. Das  Gericht hielt die Kündigung für wirksam. Die Mitarbeiterin habe gewusst, dass  Gesetze umgangen werden. Wegen der Schwere der Verfehlung und ihrer  Vorbildfunktion sei die Kündigung trotz der langjährigen beanstandungsfreien  Tätigkeit und trotz ihrer Schwerbehinderung gerechtfertigt (ArbG Kiel, Urteil vom  07.01.2014, Az.: 2 Ca 1793a/13).

              

Wichtiger  Hinweis

Im  obigen Fall hielt das Gericht eine Abmahnung für entbehrlich, da die  Mitarbeiterin nicht ernsthaft glauben konnte, dass die vom Betriebsleiter gut  geheißene Praxis auch von der auswärtigen Geschäftsleitung gutgeheißen werde.  Die Entbehrlichkeit von Abmahnungen ist aber die Ausnahme und kann nur in  besonders gravierenden Fällen angenommen werden.